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Birger Voigt trainiert mit seinen Mehrkämpfern vom 1. LAV.

Wissenswertes

Zwischen Wissenschaft und Sport

Birger Voigt ist promovierter Pharmazeut und forscht in Japan an Stammzellen. In Rostock ist er zu Hause und trainiert ehrenamtlich Leichtathleten vom 1. LAV.

Birger Voigt im Kreise seiner blau-schwarz gekleideten Mehrkämpfer vom 1. LAV Rostocker Leichtathletikstadions.
Seit 2016 trainiert der erfahrene Zehnkämpfer Birger Voigt ehrenamtlich mit den jungen Sportlern des 1. LAV Sprinten, Springen, Stoßen und Werfen. An Erfolgen mangelt es nicht.
Fotos: DOMUSIMAGES

Einen Termin mit Birger Voigt auszumachen, ist kompliziert. Denn sein Kalender ist meistens voll. Wenn er nicht mit seinen japanischen Kollegen daran arbeitet, dass wir in Zukunft künstliche Organe aus Stammzellen züchten können, trainiert er seine zwölf Leichtathleten vom 1. LAV in Rostock. Gerade ist er mit den Jungs und Mädels im Trainingslager in der Türkei. Das Online-Interview hat er in die Mittagspause geschoben. Der 56-Jährige ist bester Dinge. Er erklärt geduldig, warum er aus Leidenschaft zwei Jobs macht und warum er auf verstaubte Trainingsmethoden aus Büchern nicht viel gibt.
Von vorne: Birger Voigt wächst in Lichtenhagen auf, ist bis 1989 Mehrkämpfer bei der BSG Motor Warnowerft Warnemünde. Dann Studium der Pharmazie und anschließend Promotion in Greifswald. Es folgt ein verlockendes Jobangebot von der Universität Kyoto. Seine Frau und er bekommen einen Sohn, eine Tochter. »In den ersten Jahren sind die Kinder in beiden Kulturen groß geworden, später eher in Deutschland. « Sportlich wie die Eltern, trainiert der Nachwuchs beim 1. LAV. In den Wochen, in denen der Familienvater in der Heimat ist – und per Videoschalte mit den Kollegen in Fernost zusammenarbeitet – begleitet er seine Kinder oft ins Leichtathletik-stadion. In Rostock gibt es zu der Zeit keinen Mehrkampftrainer für jugendliche Sportler, der nächste Landesstützpunkt ist Neubrandenburg. »Es gab aber einige Talente.« 2016 übernimmt der erfahrene Zehnkämpfer ehrenamtlich, trainiert mit den Jungen und Mädchen Sprinten, Springen, Stoßen und Werfen. Die ersten Erfolge kommen schnell.

»Ich bin Wissenschaftler und so gehe ich auch ans Training heran.«
Belastungs- und Regenerationszyklen, Energiestoffwechsel der Zelle – alles betrachtet
Birger Voigt biochemisch.

Dass er wegen der Zeitverschiebung oft bis 3 oder 4 Uhr nachts wach bleibt für digitale Meetings, geht manchmal an die Substanz. »Das geht nur, weil ich gesund lebe und esse, keinen Alkohol trinke.« Außerdem schwört er auf Powernapping zwischendurch. Mittlerweile trainiert Birger Voigt zwölf Athleten, neben Sieben- und Zehnkämpfern auch Sprinter, Hürdenläufer, Stabhochspringer, Diskuswerfer. Die meisten haben mittlerweile einen Deutscher-Meister-Titel in ihrer Disziplin. Sprinterin Johanna Martin hat im vergangenen Jahr sogar den 45 Jahre alten deutschen U20-Rekord über 400 Meter in der Halle gebrochen, mit 52,22 Sekunden.

Birger Voigt trainiert mit seinen Mehrkämpfern vom 1. LAV.

Wie geht das, wenn er oft gar nicht auf dem Sportplatz, sondern in Japan ist? Mit langer Leine, Zutrauen und Technik. »Ich bin kein Lehrer, der seine Schüler motivieren muss. Meine Athleten tun Dinge aus eigener Überzeugung.« Trainingspläne, für jeden individuell, spricht er langfristig ab. »Ich schreibe nichts vor, gebe einen Rahmen vor. Ich lasse mich auch eines Besseren belehren.« Am Ende, sagt er, geht es nur darum, aus jedem das Beste herauszuholen. Dank Smartphone-Kamera, Tablet und spezieller Software schaltet sich Birger Voigt oft zum Training dazu und kann die Leistungen seiner Sportler fast in Echtzeit auswerten. Seine Athleten sind für ihn wie Familie. »Ich habe zu jedem ein vertrauensvolles Verhältnis, kenne viele seit der Grundschule.« Der Trainer weiß auch, was abseits des Platzes im Leben seiner Sportler los ist. Persönliche Sorgen haben Einfluss auf die Leistung. »Das muss ich einordnen können, ich habe immer das große Ganze im Blick.«
Überhaupt arbeitet Birger Voigt nicht nach Lehrbuchmethoden. »Ich bin Wissenschaftler und so gehe ich auch ans Training heran.« Belastungs- und Regenerationszyklen, Energiestoffwechsel der Zelle – alles betrachtet er biochemisch. Er erklärt’s am Beispiel von der 400-Meter-Sprinterin Johanna Martin. Die 19-Jährige läuft im Training so gut wie nie die ganze Distanz. Der Grund: Leichtathletik ist ein Schnellkraftsport, dabei verbrennen die Muskeln extrem viel Energie. Weil der Speicher nach wenigen Sekunden leer ist und der Körper nur begrenzt nachproduzieren kann, gerät er in Stress. »Wenn ich diese Überforderung ständig abverlange, ist der Körper zu den Wettkampf-Höhepunkten erschöpft.« Das heißt aber nicht, dass seine Schützlinge nicht diszipliniert trainieren. Seine Erfahrung sagt: Am Ende sind ungefähr 30 Prozent Talent. Die anderen 70 sind Fleiß, Enthusiasmus, das richtige Training. Die unzähligen Stunden, die Birger Voigt in sein Ehrenamt steckt, werden nicht bezahlt. »Das
ist mein Hobby, ich mache das aus Liebe zur Leichtathletik. Und weil ich motivierte Sportler gerne unterstütze.« Wenn er ausnahmsweise noch etwas Zeit übrig hat, macht Birger Voigt selber Sport: Er geht auf der Ostsee Kitesurfen oder Fallschirmspringen.

www.lav-rostock .de
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Grafik - empfangene E-Mail, Hand hält ein Mobiltelefon mit einem Icon, dass eingegangene E-Mails anzeigt

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