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Katrin Braecker von der Begegnungsstätte der Volkssolidarität ist immer für Erdbeeren und Spaß zu haben. Um sie herum Erdbeeren auf Etageren, Erdbeeren auf einem Bild und Stühle in Erdbeerfarbe.

Wohnen + Leben

Ein bisschen Spaß muss sein

In den Rostocker Stadtteil- und Begegnungszentren finden Senioren Anschluss und Kurzweil. Von Erdbeer-Fete bis Sturzprävention gibt es viele Angebote.

Christiane Keßler steht mit den Sektgläsern neben der Tür, Ilse Luckstein hat Gästeliste und Stift in der Hand. Die Musiker haben aufgebaut. Die Besucher, alle herausgeputzt, stehen Schlange. Katrin Braecker wirbelt von einem zum anderen, umarmt, lacht und schwatzt – und hat trotzdem alles im Blick.

Es ist 13 Uhr, und die Fete steigt in der Begegnungsstätte für Senioren in der Etkar-André-Straße. Katrin Braecker (Titelfoto) ist die Gastgeberin, sie leitet den Treff der Volkssolidarität in Reutershagen seit 2017. Das Händchen für Menschen wurde der 59-Jährigen in die Wiege gelegt, sagt sie. »Aber dass ich nach vielen
Jahren im Vertrieb mal einen Seniorentreff leiten würde, hatte ich nicht auf der Uhr.« Und dass es sie so erfüllen würde, erst recht nicht.
Ihre Gäste kommen aus Toitenwinkel und Lichtenhagen, sogar aus Güstrow. Nicht, weil es dort keine Begegnungsstätten für Senioren gibt. Katrin Braecker hat eine Idee, warum einige lieber zu ihr kommen. »Woanders gibt es nur Bingo und Gehirnjogging. Das ist gut, aber meine Senioren möchten auch mal richtig Spaß haben!«

Katrin Braecker mit Monika Jurkuhn (li.) und Christiane Keßler (re.), die sie ehrenamatlich beim Erdbeerfest unterstützen. Der Saal ist mit Girlanden und Erdbeeren dekoriert.
Katrin Braecker ist immer für Spaß zu haben. Monika Jurkuhn (li.) und Christiane Keßler (re.)
unterstützen sie ehrenamtlich.
Auf einer Etagere in der Begegnungsstätte der Volkssolidarität türmen sich Schaumküsse, garniert mit Erdbeeren.
So viele Früchtchen!
Titelfoto + Fotos: M. Rövensthal

Sie wollen Party, nur altersadäquat. Nicht nachts, sondern am frühen Nachmittag. Mit Live-Musik. Tanzen ist wichtig, erklärt Katrin Braecker, auch wenn sie zum Warmwerden oft vorlegen muss. Und
Essen. Heute lautet das Motto »Erdbeere« und es gibt die roten Früchte in allen Varianten, als Kuchen und Törtchen, in der Bowle und pur. Auch bei der Deko haben sie und ihre ehrenamtlichen Helferinnen es krachen lassen, Erdbeeren leuchten auf Servietten, Girlanden, Etageren. All das kostet, darum müssen die Gäste fürs Matjes oder Spargelfest, für Schlagerparty oder Traumschiff-Abend Eintritt bezahlen. Die Gästelisten sind trotzdem immer lange
vorher voll.
Ilse Luckstein ist 94 Jahre alt. Das sieht man der großen, schlanken Frau nicht an, und sie ist schlagfertiger als manche 20-Jährige. Sie und ihr Mann kommen mehrmals in der Woche in die Etkar-André-Straße. Zum Tanzen, Plattsnacken, zum Tischgespräch. »Wir wollen
unter Menschen sein, das hält uns jung.«
Katrin Braecker weiß, wie wichtig ihre Arbeit ist. Ihre Besucher sind fast alle älter als 75. »Einsamkeit ist oft ein Thema, gerade wenn der Partner schon
verstorben, die Familie weit weg ist.« Die Gemeinschaft bringt Lebensfreude zurück und oft auch neue Bekanntschaften. Katrin Braecker hat da einen kleinen Trick: Sie setzt ihre Gäste an lange Tafeln ohne feste Sitzplätze. »Damit nicht immer dieselben
Grüppchen zusammensitzen.«.

Nicht nur in Reutershagen finden Senioren Anschluss und Kurzweil. Alle Stadtteil- und Begegnungszentren in Rostock haben Angebote
für Ältere. Auch das Börgerhus in Groß Klein. Ihr Team ersetzt manchmal den Familienanschluss, erklärt Leiterin Lucia Ziegler. Der
Altersdurchschnitt im Stadtteil ist hoch, viele Mieter leben seit Jahrzehnten in ihrer Wohnung. »Wir tragen letztlich dazu bei, dass die Menschen möglichst lange in ihrem vertrauten Umfeld bleiben können.« Es gibt einen günstigen Mittagstisch, der auch der
Kommunikation dient, Kreativzirkel, Einführungskurse für Smartphone und PCs, unterschiedliche Bewegungsangebote. Christiane Labudde, ehemals Leichtathletin und nun Übungsleiterin im Börgerhus, erklärt, warum spezielle Sportkurse für Senioren wichtig sind: »Im Alter bildet sich die Muskulatur zurück, damit kommt die Unsicherheit beim Gehen.«

Kristin Taust und Lucia Ziegler stehen lachend vorm Börderhus in Groß Klein.
Kristin Taust und Lucia Ziegler vom Börgerhus.
Foto: DOMUSIMAGES

In ihren Kursen baut sie mit den Teilnehmern Muskeln auf, trainiert Balance und Gleichgewicht. Im neuen Mittwochskurs »Sturzprävention« lernen die Teilnehmer außerdem, wie sie die Furcht vor einem Sturz überwinden. Kristin Taust bringt seit ein paar Monaten das neue Projekt »Älter werden in Groß Klein« zum Laufen. »Einkäufe, Arztbesuche oder auch nur die Runde ums Haus können für alte Menschen zur Herausforderung werden.« Erst recht, wenn sie keine Unterstützung haben. Sie »verkuppelt« Senioren mit Ehrenamtlern. »Wenn sich jemand bei mir meldet und helfen möchte, überlege ich, zu wem er passen könnte.« Sie vereinbart einen Kennenlern-Termin, ist selbst dabei. Jedes Duo arrangiert sich individuell, sie empfiehlt einen festen Termin in der Woche. Damit keine Missverständnisse aufkommen: »Die Ehrenamtler übernehmen keine Pflegeaufgaben oder Haushaltshilfe.« Sie begleiten Senioren beim Einkaufen oder zu Arztterminen, sie lesen vor oder hören zu, unternehmen gemeinsame Spaziergänge, gehen ins Café. »Sie spenden das Wichtigste: Zeit und Gesellschaft.«

Begegnungsstätte der Volkssolidarität

Etkar-André-Str. 53a

Mo bis Fr 9 – 16 Uhr

Börgerhus Groß Klein

Gerüstbauerring 28

Mo bis Do 10 – 18 Uhr, Fr 10 – 14 Uhr

Anmeldung für den Kurs »Sturzprävention« (mittwochs 12 – 13 Uhr) per E-Mail an
christiane2012@freenet.de

Mehr Infos über das Projekt »Älter werden
in Groß Klein« unter 0176 15007733

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Grafik - empfangene E-Mail, Hand hält ein Mobiltelefon mit einem Icon, dass eingegangene E-Mails anzeigt

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