Sie liegt mitten in der Südstadt, in einem Flachbau zwischen gepflegtem Grün und Mehrfamilienhäusern. In der hellen Küche wähnt man sich beinahe in einem feinen Restaurant: Männer und Frauen stehen an blitzblanken Arbeitsplätzen und kolossalen Töpfen. Sie schälen, schnippeln und rühren. Heute gibt´s Kartoffelbrei, Schmorkohl und Schokopudding. Suppe kommt in der Suppenküche nämlich gar nicht so oft auf den Tisch. Ein Blick in die
Wochenkarte: Hühnerfrikassee, gefüllte Paprikaschote, Eierragout. Jeden Tag, ab sieben Uhr morgens, bereitet das Team um Küchenchefin Corinna Johnsen 160 Portionen zu. Sieben Tage
die Woche. Für die Gäste in der Südstadt und die anderen fünf Ausgabestellen in Rostock.


»Wenn ich vorne rausfliege, komme ich hinten wieder rein«
Corinna Johnsen arbeitet seit 15 Jahren in der Suppenküche und kennt viele Besucher. Rostocker in ihren 20ern,
Alleinstehende und Paare, immer mehr Ältere mit Mindestrente. Menschen, bei denen das Budget für ein gesundes Mittagessen sonst nicht reicht. Voraussetzung, um in der Suppenküche für 1,20 Euro zu speisen, ist der Warnowpass. Anders als im Supermarkt oder beim Essen auf Rädern gab´s seit Jahren keine Preiserhöhung. Trotzdem müssen sich die Besucher das Geld manchmal abknapsen. »Zum Monatsende haben wir weniger Gäste, die zahlen dann oft mit einer Handvoll abgezähltem Kleingeld.« Es geht nicht ums Essen allein. »Für viele Besucher sind die sozialen Kontakte wichtig.« Babette Limp-Schelling steht selten an den Töpfen – aber ohne die Geschäftsführerin von Wohltat e.V. gäb´s keine Suppenküche. Am 24. Mai 1994 hat sie die erste Ausgabestelle
im Gerberbruch eröffnet, gegen viele kritische Stimmen und mit gerade mal drei Besuchern am ersten Tag. »Damals
galt eine Suppenküche noch als Makel für die Stadt. Dazu kam die Scham der Menschen, bei uns zu essen.« Seitdem
sorgt sie im Hintergrund dafür, dass jeden Tag was Gutes auf den Tisch kommt. Sie wirbt Spenden ein, hält das Team zusammen, kümmert sich, wenn es irgendwo klemmt. Sie hat den Laden mit ihren Leuten sogar am Laufen gehalten, als die Küche von einem Tag auf den anderen ihr Quartier in der Albert-Schweitzer-Straße verlassen musste – und dann fast drei Jahre ohne eigene Räume dastand. »Trotzdem hatten wir nicht einen Tag Ausfall.« Babette Limp-Schelling hat Mumm: »Ich denke nicht lange über Schwierigkeiten nach, die vielleicht kommen könnten.« Probleme räumt sie aus dem Weg, wenn sie da sind. Und: Nur wenige Menschen sind so gut vernetzt wie die Wohltat-Chefin. »Wenn ich vorne rausfliege, komme ich hinten wieder rein«, sagt sie lachend.
Wohltat ist unverzichtbar

der neuen Kippbratpfanne. Fotos: DOMUSIMAGES
Eine wichtige Stütze ist Transgourmet. Der Gastro-Großhändler versorgt die Suppenküche mit Lebensmitteln, oft in Bioqualität,
die Restaurants nicht abgenommen haben oder die bald ablaufen. In der neuen Kühlzelle, im vergangenen Jahr finanziert von der Jahresköste der Kaufmannschaft, bleiben Fleisch, Gemüse und Brot lange haltbar. Auch die WIRO hilft, hat der Suppenküche beispielsweise vor vier Jahren einen neuen Transporter gekauft. Jetzt springt das Wohnungsunternehmen wieder ein: Die Töpfe
sind in die Jahre gekommen, manche seit 2006 täglich in Benutzung. Hier ist nicht die Rede von gewöhnlichen Kochtöpfen,
sondern von zwei Spezial-Kesseln mit einem Fassungsvermögen von 150 Litern. Auch eine Kippbratpfanne hat kürzlich ihren Dienst quittiert. Die WIRO hat für Ersatz gesorgt. WIRO-Geschäftsführer
Ralf Zimlich: »Die Arbeit von Wohltat ist für unsere Stadt unverzichtbar, von Herzen gerne leisten wir einen Beitrag.«
Eine »Wohltat« für Rostock
41.600 Mittagsportionen
33.000 Frühstücksteller für Schüler
53.300 verkaufte Straßenzeitungen
Nach der Eröffnung der Suppenküche vor 31 Jahren kam schon bald das erste Exemplar der Straßenzeitung aus der Druckerei. 30 Straßenverkäufer haben dank »Strohhalm« eine Aufgabe und ein kleines Einkommen. Seit 2008 sorgt Wohltat außerdem dafür, dass die Jungen und Mädchen von der Dierkower Grundschule und der Nordlichtschule in Lichtenhagen ein gesundes, kostenloses Frühstück bekommen. Andere Vereine haben nachgezogen und versorgen mittlerweile neun Grundschulen. Die WIRO unterstützt die fünf Vereine seit vielen Jahren, gemeinsam mit der OSPA und den Stadtwerken unter dem Motto »Lernen – aber satt«.
Ausgabestellen der Suppenküche
Rudolf-Diesel-Straße 1b
Budapesterstraße 7
IN VIA in der Danziger Straße 45d
Freizeitzentrum Kuphalstraße 77
SBZ Olof-Palme-Straße 26
Kolping-Zentrum Lichtenhagen in der Eutiner Straße 20
Info unter: