WIRO_aktuell_Juli_2025

Es ist 13 Uhr, und die Fete steigt in der Begegnungsstätte für Senioren in der EtkarAndré-Straße. Katrin Braecker ist die Gastgeberin, sie leitet den Treff der Volkssolidarität in Reutershagen seit 2017. Das Händchen für Menschen wurde der 59-Jährigen in die Wiege gelegt, sagt sie. »Aber dass ich nach vielen Jahren im Vertrieb mal einen Seniorentreff leiten würde, hatte ich nicht auf der Uhr.« Und dass es sie so erfüllen würde, erst recht nicht. Ihre Gäste kommen aus Toitenwinkel und Lichtenhagen, sogar aus Güstrow. Nicht, weil es dort keine Begegnungsstätten für Senioren gibt. Katrin Braecker hat eine Idee, warum einige lieber zu ihr kommen. »Woanders gibt es nur Bingo und Gehirnjogging. Das ist gut, aber meine Senioren möchten auch mal richtig Spaß haben!« Sie wollen Party, nur altersadäquat. Nicht nachts, sondern am frühen Nachmittag. Mit Live-Musik. Tanzen ist wichtig, erklärt Katrin Braecker, auch wenn sie zum Warmwerden oft vorlegen muss. Und Essen. Heute lautet das Motto »Erdbeere« und es gibt die roten Früchte in allen Varianten, als Kuchen und Törtchen, in der Bowle und pur. Auch bei der Deko haben sie und ihre ehrenamtlichen Helferinnen es krachen lassen, Erdbeeren leuchten auf Servietten, Girlanden, Etageren. All das kostet, darum müssen die Gäste fürs Matjes- oder Spargelfest, für Schlagerparty oder Traumschiff-Abend Eintritt bezahlen. Die Gästelisten sind trotzdem immer lange vorher voll. Ilse Luckstein ist 94 Jahre alt. Das sieht man der großen, schlanken Frau nicht an, und sie ist schlagfertiger als manche 20-Jährige. Sie und ihr Mann kommen mehrmals in der Woche in die Etkar-André-Straße. Zum Tanzen, Plattsnacken, zum Tischgespräch. »Wir wollen unter Menschen sein, das hält uns jung.« Katrin Braecker weiß, wie wichtig ihre Arbeit ist. Ihre Besucher sind fast alle älter als 75. »Einsamkeit ist oft ein Thema, gerade wenn der Partner schon verstorben, die Familie weit weg ist.« Die Gemeinschaft bringt Lebensfreude zurück und oft auch neue Bekanntschaften. Katrin Braecker hat da einen kleinen Trick: Sie setzt ihre Gäste an lange Tafeln ohne feste Sitzplätze. »Damit nicht immer dieselben Grüppchen zusammensitzen.« Christiane Keßler steht mit den Sektgläsern neben der Tür, Ilse Luckstein hat Gästeliste und Stift in der Hand. Die Musiker haben aufgebaut. Die Besucher, alle herausgeputzt, stehen Schlange. Katrin Braecker wirbelt von einem zum anderen, umarmt, lacht und schwatzt – und hat trotzdem alles im Blick. FOTOS: MATHIAS RÖVENSTAHL · DOMUSIMAGES · ADOBESTOCK Ein bisschen Spaß muss sein Wohnen + Leben 8

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