WIRO_aktuell_November_2025

»Middlesex« von Jeffrey Eugenides, Rowohlt, Neuausgabe des Klassikers von 2002, 736 Seiten, 18 Euro, ISBN: 978-3-423-14936-5 »This is for Everyone. Die unvollendete Geschichte des World Wide Web« von Tim Berners-Lee, Rowohlt, 2025, 384 Seiten, 28 Euro, ISBN: 978-3-49800381-4 Dörthe Hückel-Krause, Redakteurin der WIRO aktuell: Manfred Keiper, Inhaber der anderen Buchhandlung am Doberaner Platz: »Mein erstes, selbst gelesenes Buch: »Der Zauberer der Smaragdenstadt« von Alexander Wolkow. Mit dunkelgrünem, festem Einband, überzogen mit Lackfolie. Die Abenteuer von Elli aus Kansas und ihrem Hund Toto sind die schönste Erinnerung an meine ersten Sommerferien. Seitdem gab es keinen einzigen Tag, an dem ich kein Buch vor der Nase hatte. Auch wenn mir manchmal schon nach fünf Sätzen die Augen zugefallen sind, weil ich hundemüde war nach einem langen Tag mit Arbeit und Familie. Die Kinder sind größer und ich freue mich drauf, demnächst wieder ganze Sonntage zu »verlesen«. Ein Leben ohne Bücher – unvorstellbar. Manchmal weine ich ein wenig, weil ein großartiges Buch zu Ende und ausgelesen ist. Aus Büchern habe ich viel übers Leben und über Menschen gelernt, über fremde Kulturen, andere Zeiten. Bücher geben mir den Spielraum, im Kopf mein eigenes Bild zu machen – anders als Serien oder Filme.« Manfred Keiper ist kein gewöhnlicher Leser, eher so ein hyperaktives Exemplar: Er liest immer einen ganzen Stapel Bücher parallel. »Dann schaue ich, wonach mir gerade der Sinn steht.« Sachbücher, Romane, Biografien und auch richtig sperrige Kost. Gerade liest er das »Genossenschaftsgesetz« aus dem Beck-Verlag. Es ist Fluch und Segen, sagt der Inhaber der anderen Buchhandlung, dass er seine Leidenschaft zur Profession machen durfte. Mit Fluch meint er, nicht ganz ernst gemeint: »Ich habe andauernd tolle Bücher auf dem Tisch – und es werden immer mehr!« Bis zu 200 Bücher schafft er im Jahr. Der gebürtige Bremer findet: »Lesen ist Leben.« Es hat ihn in andere Welten gebracht, von denen er sonst nie erfahren hätte. »Meine Entwicklung im Leben ist immer auch mit bestimmten Büchern verknüpft.« 1922. Lefty und Desdemona Stephanides fliehen aus ihrem griechischen Dorf vor den Türken nach Amerika. Sie heiraten, bekommen Kinder. Der Haken: Die beiden sind Bruder und Schwester. Die Folgen der inzestuösen Liebe – ein Gendefekt – muss das Enkelkind ausbaden. Calliope wird nach der Geburt als Mädchen eingeordnet und so erzogen. In der Pubertät entdeckt Cal, dass sie ein Hermaphrodit ist, zwischen beiden Geschlechtern steht. Aus Cals Sicht wird die verrückte Geschichte der liebenswerten Einwandererfamilie über drei Generationen erzählt – und von der komplizierten Suche nach der eigenen Identität. Tim Berners-Lee hat das World Wide Web erfunden. Er wollte ein Internet, dass für möglichst alle Menschen frei zugängig ist: »This is for everyone«. Der Softwareentwickler befasst sich in seinem Buch mit der Geschichte und vor allem mit der Zukunft des WWW. Als Wissenschaftler ist Berners-Lee für Social Media, für die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Als Bürger warnt er vor der Enteignung der Menschen von ihren eigenen Daten und der Tatsache, dass private Unternehmen diese Daten kommerziell ausbeuten. JeFFReY eUGeNIDeS ROMAN

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