Matthias Westphal ist skeptisch, als ihm seine bessere Hälfte vor zwei Jahren den Wunsch nach einem eigenen Kleingarten anträgt – und auch gleich eine freie Parzelle in der Anlage »Burrkäwer« präsentiert. Der Vorpächter hatte den Garten vernachlässigt. »Wir standen vor einem Rumpelacker.« Als Kind war der Rostocker oft im Garten seiner Großeltern. »Ich wusste, wie viel Arbeit das bedeutet.« Felix Westphal gelingt es trotzdem, seinen Ehemann zu überzeugen. »Zum Glück«, sagt der heute. Die Lütten Kleiner gärtnern leidenschaftlich gern. Kartoffeln, Blumenkohl und Erdbeeren stehen perfekt in Reihe, die dichte Kiwi-Hecke vor der Terrasse haben sie gerade beschnitten. »Unser kleines Paradies«, nennen die Westphals ihren Kleingarten.

»Nach langen Tagen im Büro kriegen wir hier den Kopf frei.« Gartenarbeit erdet. Was ebenso gut tut: »Die Gemeinschaft.« Die beiden Männer wurden herzlich aufgenommen in der kleinen Anlage, die genau auf der Grenze von Lichtenhagen und Lütten Klein liegt. Praktisch: Jeder Stadtteil hat einen eigenen Eingang.
Dieter Buchta, 79 Jahre alt, hat seinen Garten schräg gegenüber.
Vor 38 Jahren, da war die Anlage zwei Jahre alt und die 63 Parzellen
längst alle zugelost, hatte der E-Maschinenbauer Glück. »Dem
Vorpächter war die Arbeit zu viel. Ich konnte die Laube im Rohbau
übernehmen.« Von seiner Wohnung in Lichtenhagen ist der Garten
ein paar Gehminuten entfernt. Es vergeht bis heute eigentlich kein Tag, an dem der Senior nicht in seiner Parzelle vorbeischaut. Heute hat er Rhabarber geerntet, seine Frau will Kuchen backen. »Die Arbeit hält mich jung.« Dieter Buchta hofft, dass er noch lange
gärtnern kann. Etliche Pächter mussten ihren Garten in den vergangenen Jahren aus Altersgründen aufgeben.

Sechs waren es allein im vergangenen Jahr, sagt Felix Westphal, der im Gartenvorstand ehrenamtlich als Schriftführer mitarbeitet. An potenziellen Nachfolgern mangelt es zum Glück nicht. Junge Familien haben Parzellen übernommen, Paare mittleren Alters. Auch die Nordlichtschule beackert einen Schulgarten. »Wir haben eine gute Mischung durch alle Generationen.«
Trotzdem sind nicht immer alle einer Meinung. Einer mag es naturnah, der nächste ist erst zufrieden, wenn auch das letzte Unkraut rausgerupft ist. Felix Westphal findet das bereichernd: »Ich schaue gerne über andere Gartenzäune. Man lernt doch nie aus!«

Der Verband der Gartenfreunde feiert 100. Geburtstag
Drei Fragen an Günter Zschau vom Vorstand:
Was macht der Verband der Gartenfreunde?
»Wir vertreten die Interessen von 150 Vereinen mit 15.000 Rostocker Kleingärtnern. Als Generalpächter der 650 Hektar, auf denen sich die Gärten verteilen, setzen wir uns dafür ein, dass die Flächen erhalten bleiben. Rostock ist eine Gartenstadt, wir haben mit einem Kleingarten auf siebeneinhalb Geschosswohnungen einen Spitzenwert.«
Warum sind Kleingärten wichtig?
»In den Jahren nach dem Weltkrieg waren Lebensmittel knapp. Die Rostocker haben sich in ihren Gärten teilweise
selbst versorgt. Später rückte der Erholungsgedanke in den Vordergrund. Die meisten Anlagen sind in den 70ern und 80ern entstanden, damit die Familien neben ihrer Wohnung auch ein Stück Grün hatten.«
Wo sehen Sie die Zukunft der Kleingärten?
»Erfreulicherweise entdecken immer mehr junge Leute das Gärtnern, aber nicht jeder will eine ganze Parzelle pachten. Einige Anlagen haben Flächen, auf denen man sich ausprobieren kann. Auch neben unserer Geschäftsstelle legen wir einen Mitmachgarten an. Solche modernen Formen des urbanen Gärtnerns werden in Zukunft eine größere Rolle spielen.«
Rostocker Gartenreise
Übers ganze Gartenjahr feiert der Verband der Gartenfreunde seinen 100. Geburtstag. Alle Rostocker, ob mit oder noch ohne Garten, sind willkommen. Auf dem Programm stehen Touren durch die schönsten Anlagen, Feste, Workshops.
Am 28. Juni öffnet der Kleingartenverein »Burrkäwer« seine Tore. Zum 40. Geburtstag der Anlage bereiten die Gärtner zwischen 12 und 17 Uhr ein buntes Programm vor, mit Musik, Spielen und leckerem Essen. Zu den Gärten gelangt man über die Zufahrt auf Höhe der Sassnitzer Straße 31.
Programm der Gartenfreunde: